Studenten-Proteste: Schüler und Studenten stürmten Abgeordneten-Haus im Landtag
Michael Hörter (CDU): „Ziel ist die Abschaffung des demokratischen Gesellschaft-Systems“ - Hochschul-politischer Sprecher hat Verständnis für Schüler und Studenten - Kritik am Bildungs- und Hochschul-System ist berechtigt
Von Andreas Klamm
Berlin / Mainz 18. Juni 2009. Im Rahmen des Bildungs-Streiks 2009 wurde gestern in Mainz bei Demonstrationen das Abgeordnetenhaus des Landtags in Mainz von Schülern, Studenten und weiteren Demonstranten gestürmt. Mit der Erstürmung und Sachbeschädigungen im Mainzer Landtag am 17. Juni 2009 wird sich, nach Informationen des CDU-Politikers Michael Hörter, auch der Innenausschuss des rheinland-pfälzischen Parlamentes befassen.
Nach Angaben der Veranstalter befinden sich in dieser Woche (15. bis 19. Juni 2009) bis zu 100.000 Studenten und Schüler in ganz Deutschland im Bildungs-Streik.
Am 17. Juni 2009, dem Tag der früher als „Tag der deutschen Einheit“ gefeiert wurde, soll es in mehreren Bundesländern zu gewalttätigen Ausschreitungen im Rahmen des Bildungs-Streiks gekommen sein.
Der hochschul-politsche Sprecher der FDP-Bundestags-Fraktion, Uwe Barth kritisierte die Übergriffe der Gewalt: „Die FDP hatte das grundsätzliche Bestreben des Bildungs-Streiks, eine Verbesserung der Rahmen-Bedingungen an Schulen und Hochschulen herbeizuführen, begrüßt. Viele der Kritik-Punkte geraten aber durch Gewalt in Misskredit. Niemand kann erwarten, dass er als ernsthafter Gesprächs-Partner in Betracht kommt, wenn er zu Mitteln wie Hausfriedensbruch oder Sachbeschädigung greift. Kritik am Bildungs- oder Hochschulsystem ist berechtigt und legitim. Schüler und Studierende erreichen ihr Ziel aber nicht, wenn der Bildungsstreik durch anarchistische Gewalt missbraucht wird.“
In mehreren Städten kam es am 17. Juni bei Demonstrationen von Schülern, Studenten und Menschen in Deutschland zu Zwischenfällen. In Mainz wurde das Abgeordnetenhaus des rheinland-pfälzischen Landtags gestürmt und erhebliche Schäden angerichtet. Dabei wurde auch eine Ausstellung zur Wende in der DDR beschädigt.
Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Michael Hörter, übt scharfe Kritik an der Einsatzplanung des Innenministeriums für den angemeldeten „Bildungsstreik 2009 . Auf die Besetzung des Mainzer Abgeordnetenhauses hätte das Ministerium vorbereitet sein müssen. Auf der offiziellen Internetseite wurden solche illegalen Aktionsformen angekündigt. Das Ziel einiger Veranstalter der Demonstration sei die Abschaffung des demokratischen Gesellschaftssystems. Das war auch dem Innenministerium bekannt. Die CDU-Fraktion wird das Thema im Innenausschuss zur Sprache bringen.“
Man habe die Demonstration nicht ausschließlich zur Kritik an der Bildungs-Politik genutzt. Links-Autonome hätten den Bildungsstreik 2009 „unterwandert“.
Hinter den den Initiatoren des Studenten- und Schüler-Protests stünden unter anderem linksradikale Organisationen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden, ergänzte der CDU-Politiker.
Dazu gehören beispielsweise die Sozialistische Alternative, Antifaschistische Gruppen auch aus Rheinland-Pfalz, das Internetportal Indymedia wie auch die Rote Hilfe. Diese nutzten die Schüler und Studenten zur Stimmungsmache für ihre, so wörtlich „substanzlose Fundamental-Kritik an Staat und Gesellschaft.“
Als „Höhepunkt“ bezeichnete Michael Hörter das Eindringen ins Abgeordnetenhaus des Mainzer Landtages.
Dieses Szenario habe die Einsatz-Planung wohl nicht berücksichtigt. Die vorgehaltene Zahl der Einsatzkräfte sei zu gering geplant gewesen. Sachbeschädigungen an einer Ausstellung der CDU-Landtagsfraktion zum Thema „20 Jahre friedliche Revolution“ über die Zeit der Wende konnten nicht verhindert werden.
Ausstellungsgegenstände wurden entwendet sowie mehrere Bilder durch Schmierereien beschädigt.
„Das Eindringen der Demonstranten in ein öffentliches Gebäude ist ein klarer Rechtsbruch, da die öffentliche Sicherheit unmittelbar gefährdet wurde. Dieses Vorgehen ist bedauerlich,
denn viele Forderungen der Schüler und Studenten berechtigt sind.“, erklärte Michael Hörter (CDU).
Der FDP-Politiker Uwe Barth kritisierte für die Erstürmung des Abgeordneten-Hauses könne kein Mensch Verständnis haben und das könne keiner rechtfertigen.
Die pauschale Kritik an der Aktions-Woche durch Bundesbildungs-Ministerin Annette Schavan ist allerdings wenig hilfreich.
Uwe Barth ergänzte: „Ich habe Verständnis, dass junge Menschen für bessere Bildung eintreten, auch wenn ich zahlreiche Forderungen des Bildungsstreiks nicht unterstütze. Ich erwarte im Gegenzug aber auch von den Organisatoren, sich sehr kritisch mit der Durchführung der Aktionswoche auseinander zusetzen. Die Liste der unterstützenden Organisationen ist nämlich lang und zum Teil erschreckend. Ich bin mir sicher, dass zahlreiche Ausschreitungen von gewaltbereiten Organisationen gewollt waren. Damit läuft das eigentliche Ziel der Aktionswoche völlig ins Leere. Die Organisatoren müssen sich dies vorhalten lassen.“
Die Schüler und Studenten beklagen: „Die derzeitigen Zustände und Entwicklungen im Bildungssystem sind nicht weiter hinnehmbar! Weltweit sind Umstrukturierungen aller Lebensbereiche nicht mehr Gemeinwohl-orientiert, sondern den so genannten Gesetzen des Marktes unterworfen. Seit ein paar Jahren ist auch das Bildungs-System in den Fokus solcher “Reformen” geraten: Bildungs-Gebühren und die Privatisierung treffen uns alle!
Die Finanz- und Wirtschaftskrise zeigt deutlich, dass die Auswirkungen wettbewerbsorientierter Entscheidungs-Kriterien verheerend sind. In vielen Ländern protestieren Menschen dagegen, so beispielsweise. in Mexiko, Spanien, Italien, Frankreich und Griechenland. In diesem internationalen Zusammenhang steht der Bildungsstreik 2009.“
Der anhaltende Protest gegen Studien-Gebühren und Sozial-Abbau in den letzten Jahren habe bei den Verantwortlichen in Medien, Wirtschaft und Politik zu wenig Wirkung gezeigt. Deswegen riefen die Studenten in Deutschland dazu auf, demokratischen Rechte in Form eines bundesweiten Bildungs-Streiks wahrzunehmen.
Im Bildungs-Streik werden pluralistische Aktionsformen, gemeint sind Demonstrationen, Blockaden, Besetzungen stattfinden. Während einer bundesweiten Aktionswoche vom 15. Juni bis 19. Juni 2009 werden die Schülerinnen und Schülern im gesamten Bundesgebiet demonstrieren.
Die Schüler und Studenten suchen das Bündnis mit vielen gesellschaftlichen Gruppen, wie Gewerkschaften und sozialen Bewegungen, die ausdrücklich eingeladen sind, im Bildungs-Streik zu protestieren, denn man sei überall mit der gleichen Politik konfrontiert: An der Hochschule, in den Schulen und im Betrieb.
Ziel des Bildungsstreiks ist es, eine Diskussion zur Zukunft des Bildungs-Systems anzuregen. Des weiteren sollen Möglichkeiten einer fortschrittlichen und emanzipatorischen Bildungs- und Gesellschaft-Politk aufgezeigt und durchgesetzt werden. Dem Einfluss der maßgeblichen politischen und ökonomischen Interessen im Bildungsbereich wollen die Schüler und Studenten Alternativen entgegen setzen.
Die Schüler und Studenten setzen sich unter anderem für folgende Ziele ein: Selbstbestimmtes Lernen und Leben statt starrem Zeitrahmen, Leistungsdruck und Konkurrenzdruck.
Einen freier Bildungszugang und Abschaffung von sämtlichen Bildungs-Gebühren wie Studien-Gebühren, Ausbildungs-Gebühren und Kita-Gebühren, die öffentliche Finanzierung des Bildungssystems ohne Einflussnahme der Wirtschaft unter anderem auf Lehrinhalte, Studien-Strukturen und Stellenvergabe und Demokratisierung und Stärkung der Mit- und Selbstverwaltung in allen Bildungseinrichtungen.
Weitere und ausführliche Informationen zum bundesweiten Bildungs-Streik der Schüler und Studenten in Deutschland sind bei www.bildungsstreik.net zu finden.
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