Monday, January 19, 2009

Rede von DR. GUIDO WESTERWELLE, MdB FDP-Partei- und -Fraktionsvorsitzender auf dem FDP-Europaparteitag

Rede von DR. GUIDO WESTERWELLE, MdB FDP-Partei- und -Fraktionsvorsitzender auf dem FDP-Europaparteitag

Berlin. (red). 19. Januar 2009/3mnewswire.org/REDE-DIENST/-- REDE von DR. GUIDO WESTERWELLE, Mitglied des Bundestages (MdB), FDP-Partei- und -Fraktionsvorsitzender auf dem FDP-Europaparteitag am 17. Januar 2009 in Berlin.


Es gilt das gesprochene Wort!

Dr. Guido Westerwelle sagte: "Unser Tagungsort, daran möchte ich bei dieser Gelegenheit erinnern, liegt in einer Stadt, die vor noch zwei Jahrzehnten durch eine mörderische Grenze von der freien Welt getrennt war. Viele von Ihnen, gerade die Jüngeren, können sich vielleicht gar nicht mehr vorstellen, dass nur wenige Meter von hier entfernt Menschen bei dem Versuch getötet wurden, eine Mauer zu überwinden oder schwimmend in die Freiheit zu gelangen. In diesem Jahr ist es 20 Jahre her, dass die Sehnsucht nach Freiheit in der DDR Honecker und Co vertrieben hat.

In diesem Wahljahr geht es auch darum, ob der Sozialismus wieder an die Hebel der Macht zurückkehrt. Wir Liberale haben nicht für die Deutsche Einheit gekämpft, damit Sozialisten und Kommunisten wieder etwas in Deutschland zu sagen haben. Wer Linke verhindern will, der muß Liberale stark machen.

Wir Liberale wollen das gemeinsame Europa. Europa ist mehr als Binnenmarkt plus Schengen. Europa ist eine Wertegemeinschaft. Unser wichtigster gemeinsamer Wert ist Frieden. Heute kann sich niemand mehr vorstellen, dass Länder innerhalb der Europäischen Union Konflikte mit Gewalt austragen. Das ist nicht von selbst so gekommen. Das haben vorausschauende Männer und Frauen durch Aussöhnung, Dialog und Kooperation gemeinsam geschaffen. Natürlich war dies eine Leistung des ganzen Deutschlands. Aber Liberale wie Theodor Heuss, Walter Scheel, Hans-Dietrich Genscher, Graf Lambsdorff und Klaus Kinkel haben ihren historischen Anteil daran.

Wenn Europa nicht mehr gebracht hätte als jahrzehntelangen Frieden in Freiheit und Wohlstand, es hätte sich schon gelohnt.

Manche halten Kritik an der Europäischen Politik für Kritik am Europäischen Gedanken. Ich sage: Wer den Bruch des Stabilitätspaktes nicht kritisiert, der schadet dem Europäischen Gedanken.

Noch immer fließt kein Gas von Rußland in die Ukraine. Die Auseinandersetzung um Gaslieferungen zwischen Russland und der Ukraine zeigen mehr als eine aktuelle Verstimmung. Es ist eine Lehre für Europa.

Was macht es für einen Sinn, dass wir die modernsten deutschen Kernkraftwerke abschalten, angeblich weil die Technologie nicht sicher sei und unsere direkten Nachbarn gleichzeitig neue Kernkraftwerke bauen? Entweder ist die Kerntechnik an sich unsicher, dann gehört kein Kernkraftwerk auf europäischen Boden. Oder die Kerntechnik ist sicher, dann müssen wir Deutsche sie aber auch zum Wohle der Energieversorgung unseres Landes nutzen.

Nicht nur aus ökologischen, aus ökonomischen und aus sozialen Gründen der Bezahlbarkeit, sondern ausdrücklich auch aus außenpolitischen Gründen brauchen wir eine rationale Energiepolitik. Wir wollen einen vernünftigen Energie-Mix, zu dem selbstverständlich die erneuerbaren Energien zählen. Zu dem aber auch die Nutzung der fossilen Rohstoffe und die friedliche Nutzung der sicheren Kerntechnik gehören. Das sind gewissermaßen Brückentechnologien bis wir in der Lage sind, mit den erneuerbaren Energieträgern einen größeren und belastbareren Beitrag zur Energieversorgung unseres Landes leisten zu können. Raus aus der Kernkraft und gleichzeitig raus aus der Kohle, diese Haltung mag manches demonstrierende Herz wärmen, aber noch kein einziges Haus.

Die Bundesregierung hat ihr Konjunkturpaket vorgelegt. Die Milliarden werden jongliert, wie früher über Millionen geredet wurde. Das größte Konjunkturprogramm dieser Republik heißt immer noch: Deutschland von der Bürokratie und den Genehmigungsbremsen der Politik zu befreien. Zwischen 20 und 40 Milliarden Euro warten darauf, in der Energieinfrastruktur investiert zu werden. Es warten noch einmal 20 Milliarden Euro übrigens allein bei den Flughäfen darauf, investiert zu werden. Wir brauchen keine Aussteigermentalität in Deutschland, sondern wir brauchen neues Einsteigerdenken in Fortschritt und Technologie.

Gute Bildung ist die persönliche Aufstiegsfrage. Es ist damit auch die Wohlstandsfrage für alle. Wenn als Ergebnis einer OECD-Studie belegt wird, dass in keinem anderen vergleichbaren Land die soziale Herkunft stärker darüber entscheidet, welche Bildungschancen ein junger Mensch hat als in Deutschland, dann ist das nicht nur Bildungspolitik. Es ist Gesellschaftspolitik. Die Durchlässigkeit des Bildungssystems bestimmt über die Durchlässigkeit der Gesellschaft. Deutschland muß Bildung als Bürgerrecht wieder entdecken, weil wir zurückgefallen sind in die Zeit bevor wir Liberale Bildung als Bürgerrecht erstritten haben.

Während der Staat bei der Bildung die Bürger und Familien zu oft allein lässt, rückt er ihnen bei der Privatsphäre immer mehr auf die Pelle.

Wir haben den gläsernen Bankkunden, den gläsernen Telefonnutzer, den gläsernen Steuerzahler, den gläsernen Patienten, den gläsernen Fluggast, den gläsernen Computer. Und vermutlich demnächst auch den gläsernen Autofahrer. Noch nie hat in so kurzer Zeit das Bundesverfassungsgericht oder der Bundespräsident eine Regierungsmehrheit angehalten, ihre Gesetze erst einmal mit der Verfassung in Einklang zu bringen. Je größer die Koalition desto geringer der Respekt vor der Verfassung und den Bürgerrechten.

Wenn es um den Abbau von Bürgerrechten geht, ist sich die Koalition schnell einig. Wenn es darum geht, unser Land gegen eine schwere Konjunkturkrise zu wappnen, findet diese Regierung nur noch den kleinsten gemeinsamen Nenner. Was die Bundesregierung da vorgelegt hat, ist nicht das größte Konjunkturpaket in der Geschichte der Bundesrepublik. Es ist das größte Schuldenpaket in der Geschichte unseres Landes. Diese Bundesregierung hat die größte Steuererhöhung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland zu verantworten und wird in diesem Jahr gleichzeitig die höchsten Schulden in der Geschichte der Republik aufnehmen.

Die Entlastung der Bürgerinnen und Bürger findet auf Taschengeldniveau statt. Manche meinen, damit seien weitere Steuersenkungen vom Tisch. Für uns Liberale bleibt eine grundlegende Steuerreform die Mutter aller Reformen. Deswegen wird die FDP im nächsten Deutschen Bundestag ein niedrigeres, einfacheres und gerechteres Steuersystem durchsetzen. Ein niedrigeres, einfaches und gerechtes Steuersystem ist die Voraussetzung für einen neuen Aufschwung in Deutschland. Nur ein neuer Aufschwung bringt mehr Arbeitsplätze, nur mehr Arbeitlätze bringen mehr Steuerzahler, nur mehr Steuerzahler bringen bessere Staatsfinanzen.

Hohe Steuern haben die Staatsfinanzen ruiniert, weil sie den Menschen die Lust auf Leistung genommen haben.

Wir wollen diejenigen entlasten, die mit ihrer Anstrengung den Karren in Deutschland ziehen. Das sind die Jungen, die einsteigen wollen und nicht aussteigen. Das sind die Älteren, die ein Leben lang geschuftet haben und die jetzt zu Recht die Früchte ihrer Arbeit genießen wollen. Das sind die Eltern, die sich um ihre Kinder und ihre Familien kümmern. Es ist diese Mitte der Gesellschaft, in der der tägliche Lebenskampf geführt wird. Es ist diese Mitte, die von der Politik nicht erwartet, dass sie ihr die Lasten abnimmt, aber es ist die Mitte, die von der Politik zu Recht erwartet, dass sie nicht immer weiter zusätzliche Lasten aufgebürdet bekommt."

Dies sagte Dr. Guido Westerwelle in einer Rede in Berlin am 17. Januar 2009.

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