Grundgesetz: Warnung vor erheblicher Gefährdung von Grundrechten
„Deutliche demokratische Defizite“ - Warnung vor einer erheblichen Gefährdung und dem Verlust von Grundrechten - Vortrag der Gustav-Heinemann-Initiative (GHI)
Von Andreas Klamm
Berlin. 24. Mai 2009. Die Gustav-Heinemann-Initiative (GHI) warnt vor einer erheblichen Gefährdung von Grundrechten nach dem Grundgesetz und beklagt in einer Presse-Erklärung so wörtlich „deutliche demokratische Defizite“ im 60. Jahr des Grundgesetzes für Deutschland.
Als aktuelle Beispiele beschreibt die Gustav-Heinemann-Initiative (GHI) unter anderem permanete Versuche von Bund und Ländern, wegen vermeintlich größerer Sicherheit für Bürger und Bürgerinnen präventiv bei der Strafverfolgung tätig zu werden. Dabei würden nach Auffassung der GHI elementare Grundsätze des Rechtsstaates, wie beispielsweise die Trennung von Polizei und Geheimdiensten ausgehebelt. Mit Klagen gegen das BKA-Gesetz hoffe eine kritische Öffentlichkeit wieder einmal auf das Bundes-Verfassungsgericht und seine Grundrechts-freundliche Rechtssprechung der letzten Jahre.
Mit großer Sorge beobachte die GHI die Drangsalierung von Demonstranten bei politischen Großveranstaltungen, bei denen Grundgesetz-widrig unter Missbrauch von Amtshilfe Militär eingesetzt werde, wie etwa beim G8-Gipfel in Heiligendamm im Jahr 2007.
Die in diesen Tagen vielfach vorgenommene Würdigung des Grundgesetzes zu seinem 60. Geburtstag nimmt die GHI zum Anlass, auf eine fragwürdige Interpretation des Friedens-Gebots des Grundgesetzes bei seiner nach 1949 erfolgten Ausgestaltung hinzuweisen.
„Obwohl das Friedensgebot im Grundgesetz des Jahres 1949 ungleich konkreter ausformuliert worden war als das Rechts- und Sozialstaats-Gebot, ist es in den Folgejahren bis heute vergleichsweise nachrangig behandelt worden. Friedens-Forschung, Prävention von Konflikten, zivile Konflikt-Bearbeitung – dies fristet im Vergleich zu der Bedeutung von Militär und den dafür aufgewendeten Militär-Ausgaben in Vergangenheit und Gegenwart ein Schatten-Dasein“, erklärte das Vorstandsmitglied der Gustav Heinemann-Initiative, Dr. Karl-Ludwig Sommer.
Diese Feststellung nehme nichts von der überragenden Bedeutung, die die GHI dem Grundgesetz beimesse. Man habe Gustav Heinemann in der jüngsten Debatte des Deutschen Bundestages anlässlich der Feierlichkeiten „60 Jahre Grundgesetz“ mehrfach zitiert und dies belege die nach wie vor große Aktualität seines politischen Vermächtnisses.
Eines der kürzlich verwendeten Zitate lautet: „Unser Grundgesetz ist ein großes Angebot. Zum ersten Mal in unserer Geschichte will es in einem freiheitlich-demokratischen und sozialen Rechtsstaat der Würde des Menschen Geltung verschaffen. In ihm ist Platz für eine Vielfalt der Meinungen, die es in offener Diskussion zu klären gilt.“.
Ein derartiges Grundgesetz-Verständnis setze auf Bürgerinnen und Bürger, die ihre Teilhabe-Rechte nicht nur kennen, sondern tatsächlich auch wahrnehmen.
Die GHI warnt vor erheblichen Gefährdungen der Grundrechte und beklagte deutliche demokratische Defizite bei aller Anerkennung des Erreichten.
Überfällig sei ein weiterer Ausbau von Mitwirkungs-Rechten durch Aufnahme von Volks-Abstimmungen ins Grundgesetz und die Einführung eines kommunalen Wahlrechts für Ausländer.
Die in Artikel 1 des Grundgesetzes (GG) konstatierte Unantastbarkeit der Würde des Menschen beziehe sich eindeutig nicht nur auf Menschen aus Deutschland, sondern ohne Ausnahme auf alle in Deutschland lebende Menschen gleichermaßen.
Vor dem Hintergrund der Bedeutung, den das Asyl für die Verfolgten des Naziregimes hatte, war die Aushöhlung des Asylrechts eine moralisch schwarze Stunde des höchsten deutschen Parlaments. Alltäglicher Rassismus und Diskriminierung vor allem von Muslimen und Menschen anderer Hautfarbe sowie die Schikanierung der in Deutschland mit ungesichertem Aufenthalts-Status lebenden Flüchtlinge sowie der Menschenrechts-widrige Umgang mit den hier illegal Lebenden sind nicht mit der im Grundgesetz postulierten Würde des Menschen und dessen Menschenrechten vereinbar.
Bundeswehr muss Verteidigung-Armee bleiben
Die Gustav-Heinemann-Initiative bekräftigte zudem, dass die Bundeswehr eine Verteidgungs-Armee bleiben müsse. Ein besonders krasses Missverhältnis von Grundgesetz-Norm und Real-Politik weise die der Bundeswehr seit der deutschen Einheit zugewiesene Rolle auf.
Statt eine Verteidigungs-Armee zu bleiben, wie es das Grundgesetz vorgibt, wurden die Streitkräfte ohne einen der Nachrüstung vergleichbaren öffentlichen Diskussions-Prozeß zur Armee im Einsatz umdefiniert. Unter dem Signum Friedenssicherung werde der Bundeswehr im Weißbuch unter anderem die weltweite Sicherung von wirtschaftlichen Ressourcen im Interesse Deutschlands zugeschrieben.
Waffen-Export-Weltmeister Deutschland
Deutschland habe sich zu einem der größten Waffen-Exporteure weltweit entwickelt. Die GHI verurteilt jüngste Pläne der Bundesregierung, möglicherweise auch Panzer an arabische Staaten zu liefern, da dies die Sicherheit Israels gefährden würde und zudem zur Verschärfung eines der ohnehin brisantesten Regional-Konflikte beitragen würde.
„Das Grundgesetz war in der Vergangenheit Kompass für die Ausgestaltung von Demokratie und Freiheitlichkeit und gibt uns ebenso für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts einen verlässlichen Rahmen. Gefordert sind allerdings die Bürgerinnen und Bürger, die durch ihr Engagement Demokratie lebendig machen“ , erklärte Dr. Karl-Ludwig Sommer vom Vorstand der Gustav-Heinemann-Initiative (GHI)
Am 12. und 13. Juni 2009 veranstaltet die Gustav Heinemann-Initiative eine Tagung zu „60 Jahre Grundgesetz“ im Schloß Rastatt (Herrenstraße 18, 76437 Rastatt).
Als Referenten haben bisher für die Veranstaltung zugesagt : Dr. Erhard Eppler, „Der Staat im 20. und 21. Jahrhundert“, Dr. Detlef Hensche, „Die sozialen Grundrechte nach 60 Jahren Grundgesetz“ und Dr. Dieter Deiseroth, „Das Friedensgebot des Grundgesetzes. Anspruch und Wirklichkeit nach 60 Jahren“. „Stand und Perspektiven der Bürgerrechts-Arbeit“ wird ebenfalls Thema eines Vortrags sein.
Die Gustav-Heinemann-Initative e.V. engagiert sich seit vielen Jahren für die Menschenrechte. Weitere und ausführliche Informationen sind bei www.gustav-heinemann-initiative.de abrufbar.
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