Vorbilder für die Gesellschaft: "Botschafter für Demokratie und Toleranz" ausgezeichnet
Wolfgang Schäuble und Brigitte Zypries ehren engagierte Menschen
Berlin-Moabit. (and) 24. Mai 2009. Die neuen Botschafter für „Demokratie und Toleranz“ wurden von Bundesinnen-Minister Dr. Wolfgang Schäuble (CDU) und Bundesjustiz-Ministerin Brigitte Zypries (SPD) am 23. Mai 2009 ausgezeichnet. Brigitte Zypries bezeichnete die Preisträger als gesellschaftliche Vorbilder, teilte das Bundesministeriums des Innern in einer Pressemitteilung mit.
Die neuen „Botschafter für Demokratie und Toleranz heißen: Isaak Behar (Berlin), Gerd Liesegang (Berlin), Freya Klier (Berlin), Sebastian Ramnitz (Vechta) und die Roma-Gadje-Initiative – Dialog durch Freiwillingen-Dienst (Hannover).
Zum neunten Mal ehrte das von der Bundesregierung gegründete Bündnis für Demokratie und Toleranz – gegen Extremismus und Gewalt (BfDT) Personen und Initiativen, die im besonderen Maße für gesellschaftliches Engagement und Zivilcourage stehen, als "Botschafter für Demokratie und Toleranz".
In diesem Jahr wurden fünf Preisträger durch den Bundesminister des Innern, Dr. Wolfgang Schäuble und die Bundesministerin der Justiz, Brigitte Zypries, im Rahmen eines Festaktes zur Feier des Tages des Grundgesetzes ausgezeichnet. Der Festakt bildete zudem den Höhepunkt des diesjährigen Jugendkongresses unter dem Motto: "Deutschland in bester Verfassung?!", mit dem das Bündnis für Demokratie und Toleranz jährlich um den 23. Mai ca. 450 Jugendliche aus dem gesamten Bundesgebiet in Berlin zusammen bringt.
Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble hob die Bedeutung des zivilgesellschaftlichen Engagements der Preisträger hervor: "Demokratie und Freiheit brauchen nicht nur einen rechtlichen Rahmen, sondern sie brauchen vor allem Menschen, die diesen Rahmen ausfüllen und bewusst mitgestalten. Die diesjährigen Botschafter für Demokratie und Toleranz sind herausragende Beispiele, die aktiv für die Gestaltung unserer Gesellschaft Verantwortung übernehmen. Sie setzen sich in ihrer täglichen Arbeit und mit ihrem zivilgesellschaftlichen Engagement im Sinne unseres Verfassung für Toleranz und Pluralismus ein und tragen dazu bei, dass die Werteordnung des Grundgesetzes mit Leben gefüllt wird."
Für Bundesjustizministerin Brigitte Zypries sind die Preisträger gesellschaftliche Vorbilder: "Mit der Auszeichnung als Botschafter für Demokratie und Toleranz wollen wir die diesjährigen Preisträger ins Scheinwerferlicht rücken, denn sie sind echte Vorbilder für unser Gemeinwesen. Das zivilgesellschaftliche Engagement der Ausgezeichneten ist praktizierter Gemeinsinn, das bedeutet, nicht nur an sich zu denken, sondern für seine Mitmenschen und unsere Demokratie und deren Werte aktiv zu werden. Es ist so etwas wie der Kitt unserer Gesellschaft und für ihren sozialen Zusammenhalt unersetzbar."
Der Preis ist eine der wichtigsten Anerkennungen, um zivilgesellschaftliches Engagement für eine demokratische und tolerante Gesellschaft in Deutschland zu würdigen. Die Auszeichnung ist mit jeweils 5000,- € dotiert.
Die "Botschafter für Demokratie und Toleranz 2009" sind:
Isaak Behar (Berlin), Gemeindeältester der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, wurde 1923 in Berlin geboren. Er und seine Familie gehörten der eher kleinen Minderheit der sephardischen Juden in Berlin an. Seine Vorfahren stammten ursprünglich aus der Türkei. Isaak Behar überlebte die NS-Zeit und den Holocaust im Versteck. Seit fast 20 Jahren erzählt er in zahlreichen Gesprächen mit Schülern, Polizei-Auszubildenden oder Bundeswehrrekruten von dieser Zeit. Nachdem seine Eltern und seine zwei Schwestern im Dezember 1942 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet wurden, begann für den 19-Jährigen ein Kampf ums Überleben, den er trotz vieler Peinigungen, einer vorläufigen Verhaftung und zweier versuchter Deportationen gewinnt. In den Begegnungen können und sollen die Jugendlichen Isaak Behar alles fragen; er möchte mit ihnen diskutieren, nicht vor ihnen dozieren.
Jedes Jahr am 9. November besucht Isaak Behar das Mahnmal „Gleis 17“ des Bahnhofs Grunewald, von dem aus auch seine Familie deportiert wurde. Dort betet er das Kaddisch, das jüdische Totengebet. Inzwischen ist er dabei nicht mehr alleine: Über tausend Menschen versammeln sich jedes Jahr im stillen Gedenken an die Opfer mit ihm, darunter zahlreiche Schülerinnen und Schüler.
Gerd Liesegang (Berlin) hat sich nicht allein in seiner Funktion als ehrenamtlicher Vizepräsident des Berliner Fußball-Verbandes, sondern vor allem mit seinen zahlreichen sozialen Aktivitäten weit über die Grenzen Berlins hinaus einen Namen gemacht. Besonders liegen ihm die Themenbereiche Gewaltprävention, Fairplay, Integration und die Arbeit gegen Rassismus am Herzen. Sein gesamtes vorbildliches Wirken für den Fußball ist rein ehrenamtlicher Natur. Er ist seit Jahrzehnten im Berliner Stadtteil Kreuzberg erfolgreich und nun auch in Friedrichshain tätig; seine Arbeit ist beständig und nachhaltig.
Das Thema Integration durch Sport ist seine Lebensaufgabe. Einst selbst aktiver Fußballer, war er bereits 1975 als Jugendtrainer tätig und weiß daher aus erster Hand um die Bedeutung von Sport als wirksames Mittel der Gewaltprävention. Eine der zahlreichen weiteren Aktivitäten von Gerd Liesegang ist sein Einsatz für sozial benachteiligte Jugendliche. So wirkt das von ihm unterstützte KICK-Projekt mit Sportangeboten und sozialpädagogischen Methoden dem Abgleiten von Kindern und Jugendlichen in die Kriminalität entgegen. Ziel des Projektes ist es, die zum Teil straffällig gewordenen Jugendlichen zu selbstverantwortlichem Handeln im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe zu befähigen.
Weitere Beispiele für Gerd Liesegangs enormes Engagement sind seine Beteiligung an dem weltweiten Fußballprojekt "Streetfootballworld", sein Einsatz für die Patenschaft des Berliner Fußballverbands mit der Jugendstrafanstalt Berlin und die Einführung der "Fairplay-Geste des Monats" im Berliner Fußball.
Freya Klier (Berlin) wurde 1950 in Dresden geboren. Bereits 1968 unternahm sie den ersten erfolg-losen Fluchtversuch aus der DDR. Sie wurde zu 16 Monaten Gefängnis verurteilt, jedoch vorzeitig entlassen. Nach einem Schauspiel- und Regiestudium arbeitete sie seit 1982 als Regisseurin. Seit Anfang der 80er Jahre war Freya Klier in der DDR-Friedensbewegung aktiv, was 1985 zu einem Berufsverbot führte. Im Jahre 1987 kritisierte Freya Klier zusammen mit ihrem Ehemann Stephan Krawczyk in einem offenen Brief den gesellschaftlichen Zustand der DDR und forderte Reformen.
Das Ehepaar wurde vom Ministerium für Staatssicherheit verhaftet. Um den angedrohten jahrelangen Gefängnisstrafen zu entgehen, entschlossen sich Klier und Krawczyk, die DDR zu verlassen. Dies wurde von den Medien der DDR als eine Flucht "landesverräterischer Bürger" dargestellt. Freya Klier lebt heute als freischaffende Autorin und Filmregisseurin in Berlin. Besondere Verdienste hat sie sich in der Aufklärung von Schülern über die DDR-Vergangenheit erworben: Einmal im Monat besucht sie Schulen in Ost und West und erklärt, was eine Diktatur ist, was in der DDR nach dem Mauerbau geschah und wie viele Menschen aus dem Land geflohen sind. Zudem setzt sie sich als deutsches Mitglied der internationalen Schriftstellervereinigung P.E.N. für verfolgte Schriftsteller weltweit ein.
Sebastian Ramnitz (Vechta) ist 22 Jahre alt und der ehrenamtlich tätige Gründer des Vereins ContRa. Der Verein hat es sich zum Ziel gesetzt, Jugendliche gegen Rechtsextremismus zu mobilisieren. ContRa e.V. besteht aus Jugendlichen im Alter von 13 bis 25 Jahren, die Informationsbroschüren erstellen und Informationsstände an Schulen, Konzerten sowie Filmvorführungen organisieren.
Darüber hinaus leistet der Verein Aufklärungsarbeit in Form von Vorträgen beispielsweise zum Thema des Ausstiegs aus der rechten Szene. Dabei zeigen die Jugendlichen, was Rassismus ist, wo er herkommt und wie er endet. Der Verein wurde im Jahre 2006 gegründet. Von Beginn an war es sein Ziel, bei Intoleranz und Rassismus nicht wegzusehen, sondern aktiv etwas dagegen zu unternehmen. Angestrebt werden ein friedliches Miteinander sowie die Stärkung von Demokratie und Toleranz. Dabei spielt sich die Arbeit auf einer öffentlichen Ebene ab, da der Verein möglichst viele Menschen ansprechen will. Eine besondere Aktion des Vereins war die Wahlkampagne für Erstwähler namens "Verwähl Dich nicht!", die zur Wahl aufrief und Argumentationshilfen gegen rechte Parolen verbreitete.
Das Ziel der im Jahr 2003 gestarteten Roma-Gadje-Initiative – Dialog durch Freiwilligendienst (Hannover) ist es, den Dialog zwischen Sinti, Roma und Nicht-Roma ("Gadje") zu fördern. In Form von Freiwilligendiensten soll die Situation von Roma in Europa verbessert und das Bewusstsein für ihre Lebenssituation geschärft werden, die immer noch von Ausgrenzung und Diskriminierung geprägt ist. Deshalb verfolgt die Roma-Gadje-Initiative zwei Ziele: Zum einen die Förderung eines Netzwerks junger Roma, zum anderen die Bewusstseinsbildung für deren Probleme. Zentraler Ansatz ist dabei die gleichberechtigte Partnerschaft von Roma und Nicht-Roma bei der Entwicklung und Gestaltung des Programms.An dem Projekt nehmen 25 Organisationen aus ganz Europa und den USA teil und tragen somit aktiv zur Völkerverständigung und zum Abbau von Extremismus und Gewalt bei. Die Freiwilligendienste, die überwiegend von jungen Menschen durchgeführt werden, dauern in der Regel ein Jahr. Sie sind in den Bereichen Umweltschutz, in der Arbeit mit Menschen mit Behinderungen sowie im pädagogischen Bereich angesiedelt. Meist arbeiten die Nicht-Roma in Mittel- und Osteuropa, während die Sinti und Roma in Westeuropa und in den USA tätig sind.
Ausführliche Informationen zum Bündnis für Demokratie und Toleranz sind direkt in Berlin erhältlich.
Kontakt:
Bündnis für Demokratie und Toleranz
Kim Hartmann
Friedrichstr. 50, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 23 63 408 - 11
Fax: 030/23 63 408-88
E-Mail hartmann@bfdt.de
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