Tuesday, June 17, 2008

Deutschland/Polen: Schlechtes Wetter, gutes Klima

Deutschland/Polen: Schlechtes Wetter, gutes Klima

Berlin. (red). 17. Juni 2008. Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr polnischer Amtskollege Donald Tusk haben sich dafür ausgesprochen, die Ratifizierung des Lissabon-Vertrags fortzusetzen. Einem "Europa zweier Geschwindigkeiten" erteilten beide beim Besuch der Kanzlerin in Danzig eine Absage.

Im Mittelpunkt des Gesprächs standen die Vorbereitungen für den Europäischen Rat am Donnerstag und Freitag in Brüssel. Dort wird es nach der gescheiterten Volksabstimmung über den Reformvertrag der Europäischen Union (EU) in Irland darum gehen, einen Weg aus dem entstandenen Patt zu finden. "Diesen Prozess können wir nur gemeinsam mit den irischen Partnern schaffen", sagte die Kanzlerin.


Eine Alternative zum Vertrag von Lissabon sehen Merkel und Tusk dabei nicht. "Wir brauchen diesen Vertrag, damit die erweiterte Union handlungsfähig bleibt", betonte die Bundeskanzlerin erneut.

Gefragt nach der Idee eines so genannten Kerneuropas oder einer EU der zwei Geschwindigkeiten, zeigten sich beide Regierungschefs skeptisch. "Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass es eine Gruppe geben kann, in der Deutschland ist und Polen nicht", erklärte Merkel.

Ministerpräsident Tusk gab zu bedenken, dass der "Unfall" bei der Ratifizierung nicht die Erweiterung der Union blockieren dürfte. Dies gelte insbesondere mit Blick auf die osteuropäischen Nachbarn: Mit Kroatien verhandele die EU schließlich über einen baldigen Beitritt. Serbien brauche ebenfalls eine wirtschaftliche Perspektive, etwa in Form einer Kooperation. Auf lange Sicht brauche dies auch die Ukraine. "Aber Europa wird einen Ausweg aus dieser Situation finden", zeigte sich Tusk zuversichtlich.

Gute Stimmung unter Nachbarn

Neben der Europapolitik standen auch bilaterale Fragen auf der Tagesordnung. Dabei sei die Stimmung völlig anders als das Wetter gewesen, berichteten Merkel und Tusk übereinstimmend. Just bei der Ankunft der Bundeskanzlerin war nämlich ein Gewitter über der Danziger Altstadt niedergegangen.

In der jüngeren deutsch-polnischen Zusammenarbeit seien bemerkenswerte Erfolge zu verzeichnen, befand Merkel. Auf europäischer Ebene arbeiteten die Regierungen eng bei der Umsetzung des EU-Klimapakets zusammen.

Auch in das nachbarschaftliche Verhältnis sei Bewegung gekommen. So entwickelt sich das deutsch-polnische Jugendwerk gut. Die Arbeit an einem gemeinsamen deutsch-polnischen Geschichtsbuch kommt voran. Und ein gemeinsames Projekt der Fraunhofergesellschaft in Breslau trägt dazu bei, dass auch die Forschung der Nachbarn einander näher kommt.

"Wir bemühen uns, eine gemeinsame Sprache zu finden - und wir finden sie immer häufiger", pflichtete Premier Tusk der Bundeskanzlerin bei. Künftig wollen sich beide Regierungen zwei mal im Jahr zu Konsultationen treffen.

Krieg und Vertreibung - Ursachen und Folgen


Mit einem "Museum des Zweiten Weltkriegs" will die polnische Regierung in Danzig an die Geschichte Europas von 1939 bis 1989 erinnern. Vor der Danziger Westerplatte hatte Deutschland am 1. September 1939 den Zweiten Weltkrieg entfacht.

Wenn das Konzept reif sei, werde man die europäischen Partner - natürlich auch die Deutschen - einladen, an der Planung mitzuarbeiten, sagte Tusk. Die Bundeskanzlerin sagte "alle Hilfe und Unterstützung" zu, wenn diese gewünscht werde. Das Weltkriegsmuseum sei "eine im Grundsatz spannende Idee, bei der wir alle eine Menge lernen können". Die Grundsteinlegung soll am 70. Jahrestag des deutschen Angriffs im kommenden Jahr sein.

Erneut stellte Merkel klar, die in Deutschland geplante Gedenkstätte gegen Flucht und Vertreibung ("Sichtbares Zeichen") diene nicht dazu, die Geschichte umzuschreiben. Als ein Projekt der Bundesregierung werde die Dokumentationsstätte klar und deutlich machen, was die Ursachen für Flucht und Vertreibung im vergangenen Jahrhundert waren: "Es war der Nationalsozialismus, der großes Leid über Polen und andere Völker gebracht hat", unterstrich die Kanzlerin.

Von Danzig aus flog die Kanzlerin weiter nach Wien. Als Gast von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer besuchte sie dort das Europameisterschaftsspiel Deutschland gegen Österreich.

3mnewswire.org

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