Monday, March 17, 2008

Michael Heise schreibt zum Advent: Dient der Staat den Menschen oder dienen die Menschen dem Staat?

:: Dokumentation

Michael Heise schreibt zum Advent:

Dient der Staat den Menschen oder dienen die Menschen dem Staat?

Konflikt-Themen Sterben und "verfassungswidrige Haft"

Karlsruhe. (and) In einem offenen Brief zum Advent schreibt der Autor, freischaffende Künstler und Menschenwürde-Aktivist Michael Heise aus Speyer am Rhein an Freunde, Mitkämpfer und Kritiker unter anderem zu den Konflikthemen Sterben und eine "verfassungswidrige Haft ohne legale tatsächliche Gründe."

Der 66jährige Autor bittet zudem in seinem offenen Brief darum, eine möglicherweise notwendig werdende "Verweigerung nach der rechtlichen Schiene bis hin zum Verfassungsgericht nicht durch Worte, wie Selbstmord zu entehren". Natürlich beinhalte dieser Widerstand das Risiko des Todes. Aber der Tod sei nicht der Zweck, nicht der angestrebte Effekt, er sei das Risiko, informierte Heise.

Es gehe nicht um ihn, sondern darum, ob die Menschen bestimmen, wie der Staat den Menschen und der Verfassung zu dienen habe oder ob der Staat bestimme, wie die Menschen ungeachtet der Verfassung dem Staat zu dienen hätten. Das sei die Frage, die aufgeworfen, werde, schrieb der Künstler in seinem offenen Brief zum Advent.

Die vorrübergehende Korrespondenz-Adresse des Autors Michael Heise lautet: Michael Heise, Riefstahlstr. 9, JVA Karlsruhe, 76133 Karlsruhe.

Der vollständige und ausführliche Brief zum Advent von Michael Heise:

"Mein offener Brief reißt meine Freunde und Mitkämpfer - ohne die ich nichts wäre - in tiefe Konflikte. Geliebte Menschen, noch schlimmer, reißt der Konflikt zwischen dem was ist und sein wird fast in Stücke. Also: Kein „Advent“ meines Briefes.

Einige bemühte Freunde setzen sogar ihre christlichen Glaubenslehren und Überzeugungen ein, um mich zur Abkehr und Umkehr zu bewegen. Sie übersehen ganz und gar, dass es ja Möglichkeiten eines positiven Ausgangs vor Ablauf der beschriebenen Chronologie der Ereignisse durchaus geben kann.

Um bei der christlichen Kritik zu bleiben: Ohne es darauf angelegt zu haben, ist vieles im Wege des Revolutionärs Christus durchaus in seiner Einfachheit mit dem meinen zu vergleichen. Die menschlichen Berichte über seine Entwicklung sind durchaus die, die mir stationär vertraut sind.

Das frühe Verlassen des Elternhauses, die Suche nach anderen Wahrheiten, das Mühen um „Gefallene“, Gefangene, unheilbar Kranke, Kinder, geistig Verwirrte, Diebe, Huren, Mörder. Auch ist mir sein Hass auf die Pharisäer und Schriftgelehrten, die die Welt in oben und unten einteilen, die das Gesetz zum Wohle der Habenden beugen, sehr vertraut. Auch der Zorn, der sich sogar gewaltsam entlud, als er die Profiteure aus dem „Haus seines Vaters“ hinausprügelte, ist mir durchaus nah.

Und zum Konfliktthema, dem Sterben: Auch ihm war die Versuchung, weiter zu leben, bewusst, die überlieferte Bitte im Gebet, der Kelch möge vorübergehen ... ist sehr auch die meine. Dennoch, er wusste, ein Wort bei den Pharisäern vor dem Rat, oder später bei Pilatus, und er wäre begnadigt worden. Maria, Maria Magdalena, alle Jünger wären nur zu glücklich gewesen. Besonders auch, weil Ihnen im Garten von G. erspart geblieben wäre, ihn zu verraten.

Hätte Christus nachgegeben, sich von der Lehre distanziert, wäre „alles gut“ gewesen. Nur: Stattdessen wäre die Lehre von der Liebe zu deinem Nächsten, der Abwendung von Gewalt, das sich Verneigen vor dem Geringsten unserer Brüder gestorben. Die Bergpredigt, das vielleicht früheste Manifest eines menschlichen Sozialismus, ein Plädoyer für die Umverteilung der Güter, einer Fürsorge für die Schwachen, sie wäre nie gehalten worden.

Advent
(adventare = ankommen)

Bei aller Unvergleichbarkeit: Wie kann ich weiterleben, nachdem ich Jahre ANDERE dazu aufgefordert habe, wenn ihnen geholfen ist, hinzugehen und anderen zu helfen, sich nicht zu fürchten vor staatlichen Manipulationen, Drohung und Unterdrückung, Tapferkeit zu zeigen, unbeirrt den Weg zu gehen für eine gerechtere Welt, wenn ich selbst aufhöre zu kämpfen?

Die Art des Widerstandes in Gefangenschaft ist von Anbeginn begrenzt. Der Gefangene hat keine Stimme, keine Lobby, keinen Einfluss auf Akten, auf Wahrheit, auf Fairness. Er ist im Stadium der Ohnmacht. Selbst Außenstehende sind schließlich Opfer der Desinformation. Der einzige Widerstand, der wirkungsvoll bleibt, ist ein passiver, nach innen gerichteter. Seine Wirkung ist abhängig von dem Grad der Annahme durch Freunde und Mitstreiter, nicht etwa dadurch, dass die Institution ein Gewissen entwickelt. Diese Erwartung wäre lächerlich.

Natürlich beinhaltet dieser Widerstand das Risiko des Todes. Aber der Tod ist nicht der Zweck, nicht der angestrebte Effekt, er ist das Risiko. Froh und dankbar aber wäre ich Euch, Familie, Kinder, Freunden, wenn ihr nicht von Selbstmord reden würdet. Selbstmord ist nicht Mord. Er bestimmt einen Täter. Dies ist hier nicht der Fall. Martin Luther riskierte fast sicher den Tod, als er nach Worms fuhr und nicht widerrief. Darf man deshalb sagen, er hat seine Frau, seine Kinder, seine Freunde nicht geliebt, weil er seinen Todriskierte? Natürlich nicht. Wäre er verhaftet und hingerichtet worden, wäre das nicht seine Verantwortung gewesen, sondern die der Täter. Auch wenn er es hätte vermeiden können.

Als Martin Luther King seine berühmte Predigt hielt: „I had a dream...“ wusste er genau, in welchem Land, in welcher Zeit er lebte und dass das ein hochprozentiges Risiko war. Ihn deshalb zu jemandem zu machen, der seine Frau, Kinder, Freunde nicht liebte, egoistisch nur an sich dachte, wäre eine geradezu aberwitzige Entschuldigung der Täter. Deshalb war seine Rede „richtig“ und ungeachtet des Risikos kein Selbstmord. Deshalb Ihr Lieben: So wenig wie Christuns, Martin Luther, Dietrich Bonhoeffer, Martin Luther King „Selbstmörder“ waren, weil sie ihre Überzeugungen nicht verlassen haben, so wenig bin ich es.

Gegen eine verfassungswidrige Haft, ohne legale, tatsächliche Gründe, kann man sich nach der rechtlichen Schiene bis hin zum Verfassungsgericht nur noch durch Verweigerung wenden. Das bitte ich euch zu verstehen und es nicht durch Worte wie Selbstmord etc. zu entehren. Wie ihr wisst, gibt es viele Kritiker meiner Person. An die möchte ich ein paar besondere Worte richten: Ihr habt völlig recht, dass mein Leben voller Fehler ist. Nur: Haltet Euch damit nicht auf, meine Liebe gehört euch dessen ungeachtet. Es geht nicht um mich. Es geht darum: Bestimmt ihr, wie der Staat euch und der Verfassung zu dienen hat oder bestimmt der Staat, wie ihr - ungeachtet der Verfassung - ihm zu dienen habt?

Das ist hier die Frage, die durch den völlig unbedeutenden Michael aufgeworfen wird.

1. Advent, Dezember 2007, Michael Heise"

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